Am 19./20.9.2014 trafen sich die Freunde des Jahrbuchs wieder in Leipzig zum jährlichen Workshop. Wegen des großen Zuspruchs war diesmal ein neuer Ort notwendig - das neue Paulinum der Universität Leipzig bot mit dem modernen Hörsaal unter dem Dach den knapp siebzig Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine angenehme Beratungsatmosphäre. Nach der Begrüßung und Eröffnung durch Hausherr Prof. Dr. Thomas Lenk und Matthias Woisin gab zunächst Jan Fries einen Überblick zum Stand der Arbeiten am Finanzausgleich im Rahmen der Ministerkonferenzen. Ihm folgte Stefan Korioth mit einer kritischen Analyse der Diskussion der Finanzverfassung beim Juristentag, die sogleich lebhaft ergänzt wurde durch den Bericht von Prof. Henneke vom Landkreistag, der am Juristentag als Referent teilgenommen hatte. Dies gab Raum für kritische Nachfragen, etwa zum Votum für eine Herabsetzung der Einwohnerwertung ohne Sachprüfung. Schulte verwarf in seinem nachfolgenden Beitrag den Ansatz, durch eine Sonderstellung Berlins vermeintliche Probleme im Finanzausgleich lösen zu wollen. Altemeyer-Bartscher stellte Überlegungen zur Implementierung von Anreizen in das Ausgleichssystem vor. In der Diskussion wurde daraufhin der Verfall der Ländersteuerverwaltungen und die Option einer Bundessteuerverwaltung besonders thematisiert. Förster führte in seinem Beitrag zu den Altlasten das Argument der Demografie mit einer historischen Pointe, indem er Pro-Kopf-Relationen mit Einwohnerzahlen vor drei Jahrzehnten bildete und damit den Vorwurf der "Sünden der Vergangenheit" ad absurdum führte. Thomas Lenk hinterfragte sodann den Begriff des "örtlichen Aufkommens" und lieferte damit Argumente, um einem regionalen Besitzanspruch auf das Steueraufkommen den Boden zu entziehen. Korioth verwies darauf, dass die Verfassung den Begriff nicht näher bestimmt. Nach der Kaffeepause zog Ulf Meyer-Rix den Bogen seiner europäischen Krisenbeschreibung weiter aus und knüpfte damit an sein Referat vom Vorjahr an. Truger lieferte eine eindrucksvolle Kritik an den Methoden der Potentialschätzung auf europäischer Ebene, die eine desorientierende Wirkung auf die Politik entfalten könne. Mit einem informativen Überblick über die Prüfungsfelder der deutschen Rechnungshöfe schloß Fritz Müller, Vizepräsident des niedersächsischen Rechnungshofes an und nutzte die Gelegenheit für eine kleine Kontroverse mit der Haushaltsdirektorin Niedersachsens, Frau Wethkamp, zum Thema Kreditermächtigungen. Von besonderem Interesse war die Beschäftigung der Rechnungshöfe mit den Methoden der "Konjunkturbereinigung". Stefan Anton vom Deutschen Städtetag beschloss den Freitag mit einem Beitrag zu kommunalen Disparitäten und einigen grafischen Aufbereitungen, die die Problemkonzentrationen in NRW in besonders drastischer Weise deutlich werden ließen.
Der zweite Beratungstag startete mit dem Beitrag von Katja Rietzler (IMK) zu der Krise der öffentlichen Investitionen, der zu lebhaften Nachfragen führte, sowohl hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Statistik (Auslagerungen) als auch zur Qualität kommunaler Investitionen. Prof. Junkernheinrich berichtete zu einem laufenden interdisziplinären Forschungsprojekt zu Kommunalfinanzen und deutete u.a. an, demnächst valide Hinweise zum Zusammenhang von Defiziten und parteipolitischer Präferenz in Kommunen präsentieren zu können. Henrik Scheller warf abschließend noch einen Blick auf das einschlägige Tagungs- und Konferenzgeschehen, das nach seiner Beobachtung den fundamentalen Bezugspunkt der Finanzkrise weitgehend verfehle und sich in artifiziellen Fragestellungen verliere.
Die Tagung endete mit der Vorstellung der neuen Produktionstermine und einigen praktischen Hinweisen von Woisin.
Gesellschaftlicher Höhepunkt des diesjährigen Workshops war wieder der festliche Empfang durch die Regionaldirektion der Bundesbank in Leipzig.
Das Jahrbuch für öffentliche Finanzen erscheint als Zeitschrift zweimal jährlich im Berliner Wissenschaftsverlag. Es wird betreut vom Lehrstuhl Finanzwissenschaft der Uni Leipzig. Kontakt: redaktion[at]joefin.de
Projekt
Das Jahrbuch ist ein interdisziplinäres Projekt aus Rechts-, Finanz- und Politikwissenschaft sowie der Verwaltungspraxis. Das Projekt ist unabhängig, ehrenamtlich und wird gefördert von der Bundesbank.
Interesse
Im Vordergrund stehen die Landes- und Gemeindehaushalte sowie die föderalen Finanzbeziehungen.